Ambulante Begleitete Elternschaft
Eine Leistung für Menschen mit Lernschwierigkeiten in der eigenen Häuslichkeit
Infos für alle Fachkräfte in Ämtern, Behörden und sozialen Einrichtungen
Was ist ambulante Begleitete Elternschaft?
Die ambulante Begleitete Elternschaft ist ein Unterstützungsangebot für Eltern mit Lernschwierigkeiten und deren Kinder, damit sie selbstbestimmt als Familie in der eigenen Häuslichkeit leben können.
Ziel der Begleiteten Elternschaft ist es, durch pädagogische Anleitung, Beratung und Begleitung die Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder in ihrer Elternrolle zu stärken und den Kindern ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen.
Um möglichen behinderungsbedingten Überforderungen vorzubeugen oder diese auszugleichen, kann die Unterstützung bis hin zur Übernahme von Aufgaben reichen.
Die Unterstützung kann in Art und Umfang in Abhängigkeit vom Alter und dem Entwicklungsstand der Kinder sowie von den jeweiligen Ressourcen der Eltern variieren.
Mit der Entwicklung der Kinder und den damit verbundenen (sich ändernden) Anforderungen an die Elternrolle ist Begleitete Elternschaft als langjährige Unterstützung angelegt, bei Bedarf bis zum Erreichen der Volljährigkeit der Kinder.
Begleitete Elternschaft kann bereits in der Schwangerschaft beginnen, um das Leben mit Kind gut vorzubereiten, einen möglichen Unterstützungsbedarf zu erfassen, die entsprechenden Leistungen zu beantragen und diese sofort nach der Geburt zu etablieren.
Begleitete Elternschaft ist auch dann möglich, wenn die Kinder zeitweise oder dauernd getrennt von ihren Eltern leben.
Begleitete Elternschaft als verzahnte Leistung von Jugendhilfe und Eingliederungshilfe
Bei Bedarf haben Eltern mit Lernschwierigkeiten Anspruch auf Leistungen der Kinder und Jugendhilfe wie alle
anderen Eltern auch.
Dabei steht die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung und der Schutz der Kinder im Mittelpunkt, indem die Eltern bei der Erziehung beraten und unterstützt werden.
Gleichzeitig haben Eltern mit Lernschwierigkeiten im Rahmen von Leistungen der Eingliederungshilfe (bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen) auch Anspruch auf Elternassistenz. Im Rahmen dieser Leistung geht es vorrangig darum, einen angemessenen Ausgleich für Eltern mit Behinderung zu schaffen, damit sie die Versorgung und Betreuung ihrer Kinder selbstbestimmt wahrnehmen können und in
ihrer Elternrolle gestärkt werden.
Bei gleichzeitigem Vorliegen dieser beiden Bedarfslagen sind demzufolge sowohl die Kinder- und Jugendhilfe als auch der zuständige Träger der Eingliederungshilfe in der Verantwortung. Eine getrennte Betrachtung der jeweiligen Bedarfe und eine damit einhergehende getrennte Erbringung der
Leistungen wird weder dem System Familie noch dem Familienalltag gerecht.
Hier setzt das Konzept der Begleiteten Elternschaft an, das Angebote und Leistungen der Behindertenhilfe mit denen der Kinder- und Jugendhilfe bedarfsgerecht kombiniert. Die Kooperation beider Leistungsträger ist dabei unerlässlich.
Nur auf der Grundlage gemeinsamer Absprachen und Vorgehensweisen ist eine bedarfsgerechte Unterstützung in Form der Begleiteten Elternschaft sinnvoll und möglich.
Mögliche Inhalte der ambulanten Begleiteten Elternschaft nach der Geburt des Kindes sind beispielsweise:
- Sicherung der altersgerechten Entwicklung des Kindes einschließlich seines Allgemein- und
Gesundheitszustandes - Förderung und Unterstützung einer funktionierenden Interaktion zwischen allen Familienmitgliedern
- Erarbeiten von Kommunikations- und Konfliktlösungsstrategien
- Vorübergehende ergänzende Betreuung des Kindes in Krisensituationen
- Stärkung der elterlichen Eigenverantwortung
- Erweiterung der erzieherischen und Alltagskompetenzen der Eltern
- Förderung ihrer persönlichen Entwicklung und ihrer Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft
- Integration und Stabilisierung der Familien in ihrem sozialen Umfeld
- Unterstützung beim Umgang mit öffentlichen Stellen und Einrichtungen
- Vorbereiten und Begleiten von Hilfeplangesprächen
- Bei Bedarf auch Trennungsbegleitung
Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Eingliederungshilfe
In Abhängigkeit von den jeweils individuellen Bedarfen der Eltern ergeben sich vielfältige Möglichkeiten für die Realisierung der Begleiteten Elternschaft. Immer ist aber die Zusammenarbeit beider Leistungsträger entscheidend, um Unterstützung wie aus einer Hand anbieten zu können.
Nach der Bedarfsfeststellung durch beide Leistungsträger werden Umfang und Umsetzung der Unterstützung vorzugsweise in einer gemeinsamen Hilfeplankonferenz abgestimmt. Dabei sind die Eltern als Experten in eigener Sache einzubeziehen, auch um das gesetzlich verbriefte Wunsch-und Wahlrecht der Eltern zu gewährleisten.
Für die Finanzierung der Begleiteten Elternschaft sind die Jugendhilfe und der Träger der Eingliederungshilfe gleichermaßen verantwortlich. Die Leistungszuständigkeit ergibt sich dabei aus dem jeweils konkreten individuellen Bedarf. Sofern Art und Umfang der Leistungen nicht eindeutig zugeordnet werden können, empfiehlt sich eine hälftige Aufteilung.
Konkrete Arbeitsgrundlagen für Sachsen
- Handreichung für eine praxisgerechte Unterstützung von Eltern mit Behinderung und deren Kinder
(Landesjugendhilfeausschuss, 08.12.2022) - LSM Leistungen an Mütter und Väter mit Behinderungen bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder (09.01.2025)
In beiden Dokumenten geht es um die inhaltliche und organisatorische Ausgestaltung der Begleiteten Elternschaft für das Land Sachsen.
Tipps für eine gelingende Zusammenarbeit mit Ihren Klient*innen
- Achten Sie darauf, wie Sie Worte betonen und aussprechen.
- Verwenden Sie bekannte Wörter.
- Sagen Sie genau, was Sie meinen.
- Verwenden Sie Beispiele.
- Verwenden Sie keine bildliche Sprache.
- Verwenden Sie keine Ironie und keinen Sarkasmus.
- Vermeiden Sie nach Möglichkeit „müssen-Sätze“.
- Formulieren Sie die wichtigste Botschaft zuerst.
- Stellen Sie Zusammenhänge einfach dar.
- Halten Sie Erklärungen kurz.
- Respektieren Sie die Eltern als Experten in eigener Sache.
- Sprechen Sie langsam und deutlich.
- Machen Sie genügend Pausen.
- Achten Sie auf Ihre Gesprächspartner*innen.
- Fragen Sie nach.
- Übermitteln Sie nach einem Gespräch eine kurze Zusammenfassung mit den wichtigsten Infos an Ihre Klient*innen in einfacher/Leichter Sprache.
- Erzwingen Sie keine sofortigen Unterschriften z.B. unter Hilfeplanprotokolle.
Geben Sie Raum, alles noch einmal in Ruhe zu lesen und bei Bedarf erklären zu lassen
Ausführliche und empfehlenswerte Informationen zum Thema finden Sie auf dem Informationsportal Begleitete Elternschaft. Für (werdende) Eltern und Angehörige finden Sie dort gleichfalls Informationen unter dem Menüpunkt Für Eltern.
Schauen Sie sich auch gerne unsere eigenen Wegweiser u.a. zu den Themen Sexualität, Kinderwunsch und Elternschaft an.
Unsere Wegweiser stehen auch barrierefrei in Brailleschrift sowie mit
einigen Ausnahmen im Daisy-Format und als Gebärdensprachvideos zur
Verfügung.
Hier finden Sie unsere Wegweiser-Reihe in Leichter Sprache.
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